Dachüberstand und Dachvorsprung


"Der Dachvorsprung darf nur ein Vorsprung und kein Dachüberstand sein. An das Merkmal der Unterordnung sind strenge Anforderungen zu stellen." Vgl. Urteil OVG Nds. vom 09.05.2007.


Rechtsgrundlage ist das Abstandflächenrecht nach der LBO. Dieses wird aber nicht überall richtig interpretiert, da die Formulierung unpräzise ist. In NRW lautet z.B. die Vorschrift § 6 Abs. 7 BauO NRW:

"Bei der Bemessung der Abstandfläche bleiben außer Betracht, wenn sie nicht mehr als 1,50 m vor die Außenwand vortreten, ...
2. untergeordnete Bauteile.... wie u.a. als untergeordnet wirkende Teile: ... Dachvorsprünge."


Daraus ist weder abzuleiten, dass gebäudelange Dachüberstände gemeint sind, noch dass Dach-Vorsprünge bis 1,50 m Ausladung generell als begünstigte Vorbauten gelten. Die Untergeordnetheit ist ausschlaggebend! "Dabei kommt es vorrangig gerade nicht so sehr auf das Verhältnis des Dachüberstandes - das ist schon nach seinem Wortsinn kein Dachvorsprung - im Verhältnis zum Gesamtgebäude an, sondern vielmehr auf die Funktion, die der Dachvorsprung zu erfüllen hat. Diese erschöpft sich darin, darunter liegende Bauteile gegen Tropfwasser zu schützen. Für die Frage, ob sich der Gebäudeteil unterordnet, komme es hinsichtlich der Quantität darauf an, ob seine Hinzufügung den Umfang des Gebäudes wesentlich größer erscheinen lässt und ob er sich noch als Element der architektonischen Gestaltung ansehen lässt." => Zitate aus dem o.g. Urteil:


"Ein Dachvorsprung ist im Sinne des § 7b Abs. 1 Satz 2 NBauO nur dann als (noch) untergeordnet anzusehen, wenn er (einschließlich Regenrinne etc.) maximal 0,50 m tief ist."


Sicherlich sind Dachüberstände oder -vorsprünge auch nicht mit Terrassenüberdachungen zu vergleichen, weil sie anders als diese oberhalb des Erdgeschosses angeordnet sind und dadurch in ihrer Erscheinung und in des Wirkungen für die Nachbargrundstücke anders zu sehen sind. Es muss immer der Einzelfall betrachtet werden, wenn es um die Bewertung der Tiefe eines Dachüberstands geht - auch wenn das vorgenannte Urteil einen Anhaltspunkt liefert. Generell wird es auch um die Ortsüblichkeit eines gewünschten Dachüberstands gehen. Da die Abstandflächen-Vorschriften nachbarschützend wirken - also auch von nachbarliche Abwehrrechte begründen, ist die Vorschrift aber mit Sorgfalt unzusetzen.

© Ulrike Probol 08/ 2013 für Bau- RAT  *  Nutzungsbedingungen